Viele Jungunternehmer*innen aus der Start-Up-Szene zieht es nach Europa – Deutschland ist ein wichtiger Standort für Gründer*innen aus dem Ausland und profitiert wirtschaftlich von ihnen. Doch viele gut ausgebildete Migrant*innen werden bei der Gründung ihrer Unternehmen vor Probleme gestellt – obwohl nun eine Studie zeigt, dass ein enger Zusammenhang zwischen Innovation und Diversität besteht.
In Deutschland hat sich in den letzten Jahren eine
vielfältige Start-Up-Szene entwickelt. Nicht nur die Unternehmen fallen mit
verschiedenen Erfindungen und innovativen Online-Plattformen auf, auch ihre
Gründer*innen haben oft einen diversen kulturellen Hintergrund. 20 % der Start-Up-Gründer*innen
in Deutschland haben einen Migrationshintergrund. Davon sind 59 % der migrantischen
Gründer*innen im Ausland geboren und in der ersten Generation nach Deutschland
eingewandert, wie der Migrant Founders Monitor berichtet. Zudem bringen im Ausland geborene
Gründer*innen eine sehr hohe Qualifikation mit. 91 % der im Ausland
geborenen Gründer*innen verfügen über einen akademischen Abschluss. Demnach
sind Gründer*innen mit Migrationshintergrund deutlich besser ausgebildet als durchschnittliche
Gründer*innen.
Viele Vorteile migrantischer
Gründer*innen
Neben einer hervorragenden Ausbildung besitzen Gründer*innen
mit Migrationshintergrund laut des Migrant Founders Monitor den notwendigen Unternehmergeist,
um ein Startup erfolgreich zu führen. Dazu gehören insbesondere Fähigkeiten und
Kompetenzen wie das nötige Wissen über internationale Märkte aber auch die
verschiedenen Sprachkenntnisse, die Gründer*innen mit Migrationshintergrund haben.
Auch die Bereitschaft Risiken einzugehen, sowie die Fähigkeit zu träumen und
schöpferisch zu denken, sind entscheidende Komponenten, um als Unternehmen zu
wachsen und sich als Start-Up zu entwickeln.
Deutschland als geeigneter
Gründungsstandort für Unternehmer*innen
Deutschland spielt hierbei eine entscheidende Rolle als
Zuzugsort und rückt zunehmend in den Fokus für Gründer*innen aus der ganzen
Welt. Insbesondere Berlin steht hierbei als zentraler Standort im Fokus. Die
Herkunftsländer der Gründer*innen verteilen sich breit über die ganze Welt,
jedoch ist ein Schwerpunkt bei den Nachbarländern sowie bei typischen
Herkunftsländern wie Frankreich und der Türkei zu erkennen. Aber auch Länder wie
Indien und Russland wurden bei den Befragten des Migrant Founders Monitor mehrfach erwähnt.
Der gebürtige Inder Narem Shaam entschied sich im
Jahre 2012 nach Berlin zu ziehen, um die Reiseplattform Omio zu gründen, welche
mittlerweile auf einen Gesamtwert von mehr als einer Milliarde Euro geschätzt
wird. Berlin überzeugte ihn damals mit dem vielversprechenden
Startup-Ökosystem. Speziell die zentrale Lage in Europa sowie die Vielzahl an
internationalen technisch versierten Fachkräften ließ seine Wahl auf Berlin fallen.
Zudem beeindruckte ihn auch der bezahlbare sowie hohe Lebensstandard. In Verbindung
mit der guten Infrastruktur erschien ihm Berlin als idealer Ort zur Gründung
seines Start-Ups.
Erfolgreiche Unternehmen mit so hohem Wachstum und enormen
Umsätzen sind entscheidend, um Deutschland als internationalen
Gründungsstandort zu festigen und somit zahlreiche sowie zukunfsfähige
Arbeitsplätze zu schaffen. Tao Tao, Gründer der
Online-Tourismusplattform GetYourGuide sagt dazu: „Werte und talentierte Köpfe sind die einzig
nachhaltigen Ressourcen Europas. Um dem Fachkräftemangel aktiv entgegenzuwirken
ist die Förderung qualifizierter Zuwanderung alternativlos.“ Als Einwanderer
und Gründer eines Unternehmens, das von Talenten aus aller Welt angetrieben werde,
spreche er aus eigener Erfahrung: Der Standort Europa könne nur dann nachhaltig
erfolgreich sein, wenn junge Talente ihre Zukunft in Europa sehen, so Tao Tao. Gründer*innen
mit Migrationshintergrund sind also maßgeblich daran beteiligt, die Zukunft Deutschlands
entscheidend zu prägen – und das nicht nur gesellschaftlich, sondern vor allem in
ökonomischer Hinsicht.
Viele Herausforderungen für
Gründer*innen mit Migrationshintergrund
Die Studie des Migrant Founders Monitor zeigt eindeutig einen engen
Zusammenhang zwischen Innovation und Diversität. Die erfolgreiche Gründung
eines Unternehmens ist also von wirtschaftlicher und besonders
gesellschaftlicher Offenheit abhängig.
Paradebespiel für den Zusammenhang von Innovation und
Diversität sind die Mitgründer*innen der Mainzer Impfstofffirma Biontech UgurSahin und Özlem Türeci. Als türkischstämmiges Paar entwickelten sie in
nicht einmal einem Jahr den ersten zugelassenen mRNA-Impfstoff gegen das
Coronavirus und sorgten so für zahlreiche Schlagzeilen zum Thema Migration und
Innovation.
Desto erschreckender ist es, dass Gründer*innen mit
Migrationshintergrund eine Vielzahl an Erschwernissen in ihrem Alltag erleben
müssen. Insbesondere bei der Finanzierung ihrer Unternehmen werden
Problematiken sichtbar. In der Studie wird deutlich, dass Gründer*innen mit
Migrationshintergrund deutlich weniger finanzielle Unterstützung als andere Gründer*innen
erfahren.
Zudem stellen sprachliche sowie bürokratische Herausforderungen
die Gründer*innen mit Migrationshintergrund vor Probleme. Beispielsweise beim
Beantragen einer Arbeitserlaubnis, eines Visums, einer Meldeerlaubnis oder
Eintragung als GmbH. Die Formulare sind alle auf Deutsch, was oft eine große Herausforderung
für Gründer*innen der ersten eingewanderten Generation darstellt und zu
sprachlichen Missverständnissen führt.
Eine weitere zentrale Hürde ist das oft fehlende Netzwerk
von migrantischen Gründer*innen. Es wird deutlich, wie wichtig insbesondere das
gezielte Schaffen eines Netzwerks von innovativen und ambitionierten
Gründer*innen mit Migrationshintergrund ist, um die Attraktivität Deutschlands
als Startup-Standort zu etablieren und ihnen den Einstieg in die Arbeitswelt
deutlich zu erleichtern.
Um diesen Problematiken entgegenzuwirken fordert Karl-Heinz
Paqué, Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung: „Migrant Founders sollten bei der
Vernetzung, etwa mit Wissenschaftseinrichtungen, mehr Unterstützung erhalten“. Aber
auch der Abbau von bürokratischen Hürden, die Einführung mehrsprachiger
Formulare und mehr finanzielle Anreize könnten ein weiterer Schritt dahin sein,
Deutschland als Gründungsstandort für junge Unternehmer*innen mit
Migrationshintergrund attraktiver zu machen. Denn eine diverse Landschaft
innovativer Start-Up-Unternehmen kann den Standort wirtschaftlich entscheidend
voranbringen.
Quellen:
- mfm_2021.pdf (startupverband.de)
- Migrant Founders Monitor: Jeder 5. Gründer mit Migrationshintergrund (munich-startup.de)
- Start-ups in Deutschland: Jeder fünfte Gründer hat Migrationshintergrund | tagesschau.de
- Master_Positionspapier_Sozialer_Hintergrund (bmwk.de)
- Migranten spielen eine wichtige Rolle in der deutschen Gründerszene. - Wirtschaft - SZ.de (sueddeutsche.de)
- Startups & Migration: Wie Einwanderer die deutsche Gründerszene prägen - Business Insider
- Migrant Founders Monitor 2022 - IHK Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim
- https://https://www.businessinsider.de/wirtschaft/startups/in-deutschland-zum-gruenderstar-wie-einwanderer-die-startup-szene-praegen/
- Dai, K. (2021). Gründungen durch Akademikerinnen und Akademiker mit Migrationshintergrund (Doctoral dissertation, Universität Potsdam).
- Schaland, A. J. (2012, March). Selbstständige Migrantinnen und Migranten in deutschen Städten. In Urbanisierung und internationale Migration (pp. 31-45). Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG.
- Schmid, K., Mandl, I., Dorr, A., Staudenmayer, B., & Haberfellner, R. (2007). Entrepreneurship von Personen mit Migrationshintergrund (No. 97). AMS info.