Der Skandal um die geschönten Abgaswerte einiger Volkswagen-Modelle bzw.
-Motoren wurde nun vor zwei Monaten bekannt. Um den Flotten-Abgasnormen der USA
zu entsprechen, entschied sich VW, im Diesel-PKW feindlichen USA ebensolche
Motoren in die Autos einzubauen. Dies hatte wahrscheinlich weniger mit der
Verantwortung des Konzerns gegenüber Natur und Umwelt zu tun, als viel mehr
damit, staatlichen Gesetzen zu entsprechen, Umsatz und Gewinne zu sichern und
natürlich letztere zu maximieren. Nun passiert aber das Unvorstellbare - die
amerikanische Umweltbehörde EPA bezichtigt den größten Automobilhersteller der
Welt (2014) des Betrugs und reichte Klage ein. Fakt ist, dass VW Software in
Motoren installieren ließ, die gezielt falsche Werte angeben. Das ist weder gut
für die Umwelt, noch für den Kunden und darüber hinaus eine Schmach für den
VW-Konzern. Nur wie konnte es so weit kommen? Lassen sich
betriebswirtschaftliche oder firmenpolitische Gründe dafür ausfindig machen? In
der Autoindustrie werden reihenweise rechtliche Grauzonen und schwammige
Vorgaben genutzt, um Ergebnisse und z.B. Verbrauchswerte zu beschönigen. Auch
wenn es provokativ ist und sich schwer 100% beweisen lässt, ist zu vermuten,
dass dies alle Hersteller machen. Bei VW kann man in diesem konkreten Fall
allerdings einige Fakten festhalten. Der mittlerweile zurückgetretene
VW-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn als Zögling Ferdinand Piechs (Porsche
Enkel und VW Aufsichtsratsvorsitzender bis April 2015) pflegte eine streng
hierachische und auf ihn zentrierte Unternehmenskultur. Dazu kamen einige
Stabsstellen, wie z.B. die Entwicklungsabteilung. Die Vorstände dieser
Abteilung - Ulrich Hackenberg, Wolfgang Hatz und Heinz-Jakob Neußer - konnen
zwar Vorschläge, Entwürfe oder Zweifel äußern, hatten aber keinerlei Einfluss
auf die Entscheidungen des Vorstands, auch durften sie sich in der
Öffentlichkeit nicht kritisch äußern. Die strikte Hierachie um Winterkorn,
Piech und deren engsten Beraterkreis machten es z.B. unmöglich, Problematiken
wie manipulierte Abgaswerte innerhalb des Unternehmens, geschweige denn in der
Öffentlichkeit zu äußern. Wer dies doch tat, musste gehen. Vor ein
paar Jahren so geschehen in der Entwicklungsabteilung: Die Vorgänger der oben
genannten Herren in der Entwicklungsabteilung von VW, äußerten
bereits 2007 Zweifel am Motor, da sämtliche Messwerte zeigten, dass ein Standard
Kat-Partikelfiltersystem nicht ausreicht, um die Vorgaben zu erreichen. Diese
wurden zum Schweigen ermahnt. Darüberhinaus wurde es dem damaligen
VW-Markenchef Wolfgang Bernhard (nicht Konzernvorstand), vom zu diesem
Zeitpunkt neuem Konzernvorsitzendem Winterkorn und dem Patriarchen Piech nahe
gelegt zu gehen, als dieser seinen Unmut zu dem Projekt bekundete. Eine teureres System
(welches VW zeitgleich entwickelt hatte) hätte installiert werden müssen. Da es
in einem Unternehmen aber immer auch um Umsatz- und Gewinnerhöhung bzw.
schlichtweg Wachstum geht, entschied man sich gegen eine aufwändigere und
teurere Abgasreinigungsanlage. Eine manipulierte Software war schlicht günstiger
und Bernhard ging. Der neue VW-Konzernvorsitzende Matthias Müller bevorzugt
eine andere Unternehmensführung, er will den einzelnen Marken des Konzerns und
den Abteilungen mehr Mitsprache und Souveränität verleihen, Hierachie abbauen,
Unabhängigkeit und dadurch Innovationen fördern. Zu diskutieren ist, ob die
Führungsstruktur tatsächlich einen so großen Einfluss auf ein Unternehmen hat,
welche verschiedenen Arten zu finden sind und ob es positivere sowie negativere
Formen gibt. Matthias Müller war, bevor er VW-Vorsitzender wurde, seit 2010 der
Chef der Porsche AG. Porsche verzeichnet seither jedes Jahr steigende Umsätze
und Absatzrekorde.
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