Dienstag, 16. Dezember 2014

Ist der Kapitalismus böse?





Ist der Kapitalismus böse?

In den letzten Jahrzenten gerät der Kapitalismus (vor allem die reine Form des Kapitalismus mit den Zielen der Kundenausbeutung und Gewinnmaximierung, die anscheinend nur wenige Leute immer reicher und noch viel mehr  Leute immer ärmer macht) in Kritik und wird als Form des wirtschaftlichen Handelns und Denkens verpönt.  Überall wo man über Kapitalismus spricht, hat man das Gefühl, Kapitalismus ist zur Zeit nicht beliebt bei den Menschen, Kapitalismus ist schlecht! Viel mehr frage ich mich, ob Kapitalismus außer Kontrolle gerät oder haben wir nie gelernt mit dem Kapitalismus umzugehen? Tut der Kapitalismus uns tatsächlich nicht gut oder tut er uns nicht gut weil es uns so gut geht? Nach welchen Wirtschaftsvorbildern strebt unsere Gesellschaft?  Und wenn der Kapitalismus nicht die geeignete Form ist, was ist dann die Alternative?  Geht es uns wirklich so schlecht, dass wir den Kapitalismus ablehnen und nach anderen Formen suchen? Wann ist der Kapitalismus bewusst unser Feind geworden, wenn wir fast täglich von seinen Vorzügen profitieren, uns weiter entwickeln und danach streben, uns noch weiter zu entwickeln. Da haben wir es... Kapitalismus ist unsere innere Uhr, unser Getriebe, das uns finanziell, sozial und geistig viel weiter  bringt als wenn es ihn nicht gäbe.
Zugegeben Maße ist der Kapitalismus nicht jedermann Sache. Ich behaupte, dass Menschen mit „kleinen Aussichten“ im Leben, unstrebsam und „Mitschwimmer“ , im Kapitalismus  untergehen. Sie brauchen mehr Sicherheit, mehr Arbeitsplätze aber auch ein solides Auto und Urlaub auf Mallorca. Es ist aber falsch zu behaupten, dass der Kapitalismus nur für die Gewinner oder „starken Mitglieder“ dieser Gesellschaft gut ist, denn am Ende einer Krise im Kapitalismus geht es immer noch allen viel besser als am Ende einer Krise jedes anderen wirtschaftlichen Systems.  Abgesehen von den negativen Behauptungen und Bildern, die in letzter Zeit in unsere Konsumentenköpfe eingeschlichen sind, frage ich mich, was ist noch gut am Kapitalismus?
Meine Kindheit verlief im starren sowjetischen Sozialismus mit wenig Aussichten auf individuelle Entfaltung,  Erreichung persönlicher Zukunftsziele und  Liberalismus. Als Kind haben mich diese Aussichten auch wenig gestört, denn es gab Sicherheit, Oktjabrjata, Pioniere und Arbeit für ALLE! Gummibärchen und Bananen gab’s leider nicht!
Aber es gab ihn, den magischen Schwarzmarkt, „Schmuggelware aus dem nicht sowjetischen Westen“ . Ich weiß es, weil man Vater als Schlosser bei vielen wohlhabenden Juden Heizung repariert hat, die noch einen  geheimen Kontakt zum „Westen“ pflegten und später dorthin emigrierten. Nach seiner Schicht brachte uns unser Vater Packungen von Gummibärchen, schön riechende Shampoos und anderes leckeres Zeug“ aus dem „guten, ich betone kapitalistischen“ Westen“, die ihm Juden als Bezahlung für seine gute Dienste  gegeben haben. Meine ersten Gummibärchen probierte ich mit acht. Meine Kindheit schien mir auch ohne klebende süße Bärenfiguren glücklich.  Nach der achten Klasse verließen wir mit meinen Eltern die ehemalige UdSSR und mit ihr die „tollen strebsamen Prinzipien“ der Gerechtigkeit, Gleichheit für alle und Sicherheit! Mir blieben noch zwei Jahre in der sowjetischen Schule zu beenden, danach könnte ich eine Aufnahmeprüfung an der Uni absolvieren und ein Studium aufnehmen. Ich wollte gern Medizin studieren. Spätestens am Aufnahmeschalter beim Ausfüllen des Aufnahmeformulars würde mir gesagt: „ Nein für Medizin brauchen Sie sich nicht zu bewerben! Das Land braucht Ingenieure, Kinderärzte und Lehrer hat unser Land genug“.  Aber auch dort in der Bildung gab es ihn, den Schwarzmarkt oder „gekaufte Gerechtigkeit“  oder „erkaufte freie Berufswahl“.  Mein Vater müsste so und so viele Rubel vorlegen, damit sein Kind das studieren kann, was es will.
Ich frage mich seitdem ständig, was es schlimmer ist, für seine „freie Wahl“ ständig in die Tasche zu greifen oder das ständige Gefühl mit sich zu tragen, dass in der Freiheit jemand anderer in deine Tasche greift, weil du nicht in der Lage bist, die richtigen „wirtschaftlichen“ Entscheidungen zu treffen? Letztendlich leben viele Menschen heute mit der Vorstellung Kapitalismus sei schlecht, weil es die Menschen verdirbt, ihnen das letzte Geld mit pfiffigen Ideen aus der Tasche zieht und sie viel ärmer oder viel dummer da stehen lässt????

Denkt man zurück an die Zeit der florentinischen Händler, die die ersten Formen des Kapitalismus in Europa geprägt haben, so vergisst man schnell, dass der Kapitalismus die Menschheit verdorben hat. Die Blütezeit, die als Wiedergeburt bezeichnet wurde, galt in Folge des entwickelnden Kapitalismus zur Förderung vieler Künste, Medizin und Wissenschaft. Bis heute sind die Fortschritte des Renaissance als Folge der immer reich werdender Stadt Florenz des ursprünglichen Kapitalismus für die heutige Leitmotive der Wirtschaft prägend. Was ich damit sagen will, dass das bestehende Wirtschaftssystem heute nicht viel anders aussieht, nur die Bewusstheit der Menschen gegenüber dem was in diesem System auf Grund der unendlichen Medien der Informationen stattfindet, viel stärker ist. Während die Menschen in Renaissance unbewusst ihren guten Willen, Strebsamkeit und Schöpferkraft folgten, wollen heute viele „bewusst“  mehr Geld, mehr Innovation , mehr Konsumenten?
Trennen wir uns für einen Moment von der Idee, dass Kapitalismus nur auf seine ökonomische Vorteile nur einiger Wirtschaftsmitglieder reduziert und betrachten Kapitalismus global auf langfristiger Sicht. Aus meiner Sicht ist der Kapitalismus nicht schlecht, wenn man frühzeitig lernt, seine Vorzüge zu schätzen und seine Nachteile zu eigenen Vorteilen zu machen, so kann man aus diesem System nur das „beste“ machen! Ich fasse die positiven Sachen am Kapitalismus zusammen, die mir ohne einen gewissen Streben oder Bemühen sofort einfallen, ohne dass man versucht alles im „heilen“ positiven Lichte darzustellen.

-Kapitalismus schafft Freiheit, wie man letztendlich mit dieser Freiheit umgeht, ist einem überlassen
- Kapitalismus fördert Wissenschaft und Künste
- Kapitalismus schafft Frieden und Gerechtigkeit
- Kapitalismus führt mehr zum bewussten Umgang mit der Naturressourcen und seinen eigenen Finanzressourcen
-Kapitalismus schafft Arbeitsplätze
- Kapitalismus macht glücklich aber auch gierig
- Kapitalismus schafft Vielfalt

Ich weiß, dass viele dieser Gedanken auf starke Kritik stoßen wird, aber ich bin der Meinung, lieber mit Kapitalismus als ohne???!!! Und schließlich, lebend im Kapitalismus muss man ständig seine Entscheidungen in ihrer Mehrheit abwägen und analysieren. Aber lieber lebe und lehre ich im Kapitalismus und bringe meinem Nachwuchs und meinen Schülern rechtzeitig bei, wie man im Kapitalismus zurecht kommt, als wenn man jemand anders für mich meine Entscheidungen zu meinem „kleinen“  wirtschaftlichen Handeln und Denken trifft.
Zum vertieften Nach- und Weiterlesen empfehle ich die vorletzte Ausgabe des GEO Magazins (69 Ausgabe) mit dem Titel DER KAPIATALISMUS, wo die Kontraargumente und negative Folgen des Kapitalismus im Laufe der menschlichen Geschichte noch deutlich hervorgehoben werden.
































































1 Kommentar:

  1. Mein Ziel funkelt mir bereits von Weitem entgegen. Die Räder kommen quitschend zum stehen und schweigend schieben sich die vielen Mensche aus den Türen der Tram. Hinaus, nur wenige Schritte hinein in den Glitzer und Glämmer der Weihnachtlichen Einkaufspassagen. Die eben noch noch so schweigsame Fahrgemeinschaft taucht nun ein in die schillernde Konsumflut – der Ein oder Andere verliert sich in einem Verkaufsregal. Das Auge sieht Dinge, die es schon zum hundertsten Male gesehen hat – es stellt plötzlich fest, dass genau Dieses oder Jenes noch fehle, um schließlich das vollkommene, persönliche Glück zu erreichen. ...Zumindest vorerst! Noch immer ist Schweigen das höchste Gebot - was nicht schwer fällt, da nun alles bebt und lebt um mich herum. Meine Kopfhörer säuseln verführerisch in mein Ohr, was ich gerade hören möchte – oder ist es doch eher die Frau dort auf dem Plakat, welche mir durch ihre provokante Aufschrift etwas mitteilen möchte? Vielleicht sind es aber auch all die vielen leeren Gesichter, die mir entgegen kommen... Ich kann mich nicht entscheiden und beschließe deshalb kurzfristig, es nicht weiter zuzulassen, mich meiner Aufmerksamkeit derart von der Umwelt berauben zu lassen. Ich zücke also mein Smartphone und versinke in meiner ganz persönlichen- für mich abgestimmten Welt. Nun können sie rennen und kaufen und fluchen. Meine Welt erstrahlt in einem ganz anderen Licht. Es dauert nicht lange bis auch ich den gewünschten Laden erreicht habe. Ratlos stehe ich nun wieder vor den Regalen. Uniformität und Markenchaos überwältigen mich. Was kaufen? Worin investieren? Wem vertrauen? Packe schließlich das Produkt, welches auf den ersten Anschein meinen Vorstellungen und auch dem Geldbeutel entspricht in den Korb und gehe mit dem Gewissen, schon wieder einem Fake verfallen zu sein zu Kasse. Ich tröste mich jedoch mit dem Gedanken, dass ich mich zu Hause über den Kauf freuen werde. Die Gewissheit und der Genuss darüber etwas Schönes für mich gekauft zu haben, wirft die Zweifel bezüglich Marke, Herkunft und Authentizität über Bord. Kopfhörer rein und raus geht’s – wieder zu Straßenbahn. Natürlich komme ich auch wieder an dem strubbeligen Mann mit der großen Zahnlücke vorbei und ich frage so in mich hinein – welche Geschichte ist wohl glaubwürdiger – die von diesem Bettler, oder die, die mir mein nagelneues Produkt in meiner Handtasche weismachen zu versucht? Eine Textzeile bohrt sich in meinen Kopf: „und da ist das Bild, das keiner erwartet, von dem keiner will, dass es da ist. Das Symbol für soziales Versagen – es trifft dich, wie ein Schlag in den Magen“. Als Superpenner bezeichnen sich die beiden Jungs von der Band Guaia Guaia. Haben sich selbst für ein Leben auf den Straße entschieden um „frei zu sein“ und Musik machen zu können. Solche Ideale mag der Markt gerne... Gut, ja, dass der Kapitalismus solche Entscheidungen zulässt – beängstigend, dass er solche Entscheidungen überhaupt erst erfordert.

    https://www.youtube.com/watch?v=8eySumh7C-s

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