Mittwoch, 7. Dezember 2016

Nachdenkerei

4.337 € kostet eine Dosis des neuentwickelten Stoffes Opdivo, einem Lungenkrebsstoff, den ein Patient alle zwei Wochen bekommen muss. Andere Medikamente gegen Nieren- und Leberkrebs kosten bis zu 5000 € im Monat. Der Krux dabei ist, dass der Patient nicht vom Krebs geheilt wird, sondern lediglich ein paar  Wochen oder Monate länger leben darf.
Das teuerste Medikament derzeit ist Glybera, als erstes 2012 zugelassenes gentherapeutisches Medikament in der westlichen Welt überhaupt. Es hilft bei der sehr seltenen Stoffwechselkrankheit LPLD, bei der sich Fett im Blut anlagert und z.B. zu Organschäden führen kann. In Deutschland sind jedoch nur 40 Menschen betroffen, europaweit sind es 200. Drei Jahre dauerte es, bis an der Charité überhaupt ein Patient für die Therapie gefunden wurde. Eine halbfingergroße Ampulle kostet unglaubliche 53.566 €. Insgesamt kostete die Therapie über eine Million Euro. Auch wenn sie bei der Patientin erfolgreich war, ist die Wirksamkeit dennoch umstritten.
Tumorerkrankungen werden in unserer alternden Gesellschaft zunehmen. Allein 2014 gab es 500.000 Neuerkrankungen.
Natürlich haben Pharmakonzerne immens hohe Entwicklungskosten. Im Schnitt dauert es 10 bis 15 Jahre bis ein Wirkstoff überhaupt erst gefunden wird. Andererseits machen sie mit Krebsmedikamenten auch den meisten Profit. Deutschland hat eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt. Experten meinen, dass auch unsere Gesellschaft sich fragen muss, ob wirklich jeder Anrecht auf eine der superteuren Therapien hat. Oder ob es, wie in Schweden, Prioritätenlisten mit festgesetzen Standards geben wird. Aber schon der oberste Punkt, die Menschenwürde, ist schwammig, weil sie jedem gleich zusteht, egal ob egoistischem reichem Geizhals oder alleinerziehende Mutter von drei Kindern.
In den USA gab es in den 60´er Jahren schon mal eine Lebensabwägungsjury. Am Swedish Hospital in Seattle gab es mehr Dialysepatienten als Maschinen. Eine Jury, bestehend aus einem Pfarrer, einem Anwalt, einer Hausfrau, einem Gewerkschaftsfunktionär, einem Beamten, einem Banker und einem Arzt, entschied, wer leben durfte und wer nicht.
Ich bin sehr froh, nicht in dieser Jury gewesen zu sein!







 http://www.aerzteblatt.de/archiv/45219
 http://www.pflegewiki.de/wiki/Gesundheitssystem_Schweden#Priorisierung_.3D_Zugangsregulierung
 https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/basis-informationen-krebs-allgemeine-informationen/die-entwicklung-neuer-krebsmedi.html

1 Kommentar:

  1. Sehr toller und nachdenklicher Blog. Es ist sehr erschreckend darüber nachzudenken, was alles hinter den "Kulissen" stattfindet.

    AntwortenLöschen