Donnerstag, 22. Oktober 2015

Diagnose Homo oeconomicus —ein Geständnis— 

Der Tag ist gekommen an dem ich mich mit meiner Diagnose auseinandersetzen muss 
—ehrlich sein zu mir und meiner Außenwelt—. Den Finger in die Wunde stecken, mein ehrliches Herz auf die Zunge legen und die bittere Wahrheit verkünden. Nur so kann ich mich therapieren und zeitgleich heilen. Meine Krankheit als Ganzes zu verstehen und sie als solches offen und ehrlich zu thematisieren und nicht weiterhin zu tabuisieren. Es ist Zeit mein ‚ich’ neu zu übersetzten. Denn ich werde manipulativ codiert. Ich mache bei allen Spielen mit und genauso lache ich bei allen Witzen mit. Viel zu lang habe ich auf dieser nutzenmaximierenden Party mitgetanzt. Die unterdrückten Stimmen in meinem Kopf werden diese Party nun endgültig beenden. Denn Einsicht ist bekanntlich der erste und beste Weg zur Besserung. 
Ja, ich bin ein Homo oeconomicus! 


Mein Verlangen nach mehr Geld, Profit und Gewinn kannte keine Grenzen. Zielstrebig musste es immer weiter gehen, ohne Rücksicht auf andere oder auf die daraus resultierenden Konsequenzen —immer aufwärts, immer ganz oben mitmischen—. Tägliches vergleichen und beobachten der aktuellen Aktienkurse und Edelmetallpreise. Ein goldiges Funkeln tat sich in meinen Augen auf und mein Herz pochte ungesund schnell, sobald  ich auch nur die kleinste Vorahnung eines guten Geschäftes in meiner Nase roch.
Ein Produkt kaufen, es in tausend kleine Produkte zerstückeln und überteuert weiterverkaufen. Stets einen klugen, kühlen Kopf behalten und den Durchblick nicht verlieren. Mein Handeln und Denken diente stets meiner reinen Nutzenmaximierung. Soziale Entscheidungen wurden nur dann getroffen, wenn ich ein Stückchen vom Kuchen abbekommen konnte. Natürlich das größte Stück für mich und für meine Mitmenschen die heruntergefallenen Krümmel.

Mein gesunder Verstand sagt mir, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Mein asoziales Modell, des rationalen Wirtschaftsbürger, der alle Sachverhalte nutzenmaximierend analysiert, bewertet, entscheidet und entsprechend danach handelt hat ein Ende. Fortan will ich die Ökonomie neu für meine kleine Welt definieren. Ich will Entscheidungen treffen, deren Inhalt es ist, das Beste aus meinem Leben zu machenMein Leben soll nicht wie ein Dax- Unternehmen nach einer maximalen Rendite streben. 



Nun lasst uns das Tagebuch vom Unbekannten --Homo oeconomicus-- mit seinem traurigen Geständnis schließen. Gerne würde ich euch noch meine persönliche Ansicht vom ökonomischen Denken und Handeln erläutern.    

Aus meiner Sicht ist ökonomisches Denken und Handeln ein effektives Mittel, die Welt um mich herum —besser— zu verstehen. Denn die Welt um mich herum wird in seiner Ökonomie immer komplexer und undurchsichtiger. Dann Entscheidungen aus dem Bauchgefühl heraus zu treffen ist nicht immer vorteilhaft.
Viele Leute denken, dass wenn sie ökonomisch richtig Denken und Handeln den größtmöglichen Profit im Sinne von Geld und Gewinn rausschlagen können (Bsp. Diagnose: Homo oeconomicus). Nach meiner Ansicht sollte Profit im Sinne von Geld und dessen Erwirtschaftung nur eine untergeordnete Rolle spielen. Vielmehr geht darum, herauszufinden was mir den größten Nutzen bringt, wenn ich ökonomisch richtig agiere und meine zur Verfügung stehenden Mittel richtig einsetze bzw. anlege. Das wäre aus meiner Sicht, meine eigene-persönliche Existenz zu sichern und aufzubauen. Meine Existenz basiert auf elementaren Grundlagen, die notwendig sind um in dieser Gesellschaft überhaupt zu existieren. Dazu gehören zum Beispiel die Wohnung in der ich lebe zu bezahlen, den wöchentliche Einkaufen von Lebensmitteln, das Begleichen diverser Rechnungen, mein soziales Umfeld u.v.m.. Klar kann ich auch behaupten, dass ich ebenso unter einer Brücke hausieren könnte und mich ebenso nur von Tauben, Baumrinden und Bohnen ernähren könnte. Aber diese Behauptung ist falsch, denn das ist es nicht, wonach ich strebe. 
Logisch wäre es nicht korrekt zu behaupten, das gerade dieses Geld, welches ich benötige um Kosten, Wünsche etc. zu begleichen, kein wichtiges Kriterium sind. Ohne Geld kann ich meine Miete nicht bezahlen oder gar Lebensmittel einkaufen. Aber letztendlich ist Geld nicht das Wesentliche um dessen ich Wirtschaft betreibe und ökonomisch agiere. Denn viel wichtiger als Geld ist meine eigene Vernunft, die ich in meiner ökonomisches Betrachtungsweise richtig einsetzen will. Meine Vernunft ist ein ständiger Begleiter in Bezug auf meine Existenz und deren Sicherung. Auch muss ich alle Vorraussetzungen schaffen, das meine Existenz nachhaltig gesichert ist. Dabei ist die Vernunft ein gutes Mittel nicht Bankrot zu gehen. Meine Ziele müssen für mich klar, verständlich und moralisch vereinbar sein, mit mir und meiner Umwelt. Aus meiner Betrachtungsweise, denkt und handelt man ökonomisch korrekt, sofern einem bewusst ist, was man in seinem Leben braucht und was nicht. Was hat für mich oberste Priorität und was eben nicht oder gar erst in zehn Jahren. Brauch ich wirklich ein Auto, wenn ich in Berlin wohne und eine Jahreskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel besitze? Sollte ich lieber Bio- Produkte kaufen und konsumieren, um so beispielsweise die Massentierhaltung die kalte Schulter zu zeigen? Die Herangehensweise um bestimmte Bedürfnisse zu befriedigen sind elementare Fragen, die sich mit Vernunft, einem gesunden Menschenverstand, klare Berechnungen, Einschätzungen und Abwägungen beantworten lassen. Wenn ich ökonomisch Denken und Handeln muss, will ich es mit Vernunft machen und ebenso will ich es moralisch im Einklang bringen, mit mir und meiner Umwelt. 

Nach meiner Ansicht ist die eigene Vernunft die größte Kraft, um ökonomisches Denken und Handeln in dieser heutigen komplexen Welt besser zu verstehen und umzusetzen. Denn jeder Einzelne von uns ist doch letztendlich sein eigeneren Herr, der für sich persönlich wählen muss, was für ihn richtig und falsch ist.









1 Kommentar:

  1. Ich muss ja zugeben, dass mich dein Text sehr umgeworfen hat. Sehr gut geschrieben und noch besser: Dein Text ist äußerst fließend formuliert. Es liest sich wie aus einem Guss geschrieben. Ohne Gedankensprünge oder übertriebener Verwendung von Fachwörtern ist es angenehm zu lesen. Das Bild fand ich gleich sehr belustigend und zugleich treffend. Du hast auf einer sehr emotionalen Eben deine Diagnose verfasst und den Charakter von vielen Brokern, Managern präzise wiedergegeben!

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