Donnerstag, 3. Dezember 2015

Nachhaltigkeit in der Textilbranche: Ein trauriger Witz

Ich werde diesen Blog-Eintrag mit einem von Facebook geklauten und ungenau rezitierten Witz beginnen. Er ging in etwa so:

(fiktive Zeitungsmeldung): Großbrand bei KIK. Letzte Nacht brannte eine Filiale vollkommen nieder. Es entstand ein Sachschaden von 27 Euro.

Worüber ich zuerst einmal herzhaft lachen musste, regte mich jedoch auch zum Nachdenken an. Definitiv übertrieben, aber mit einem Blick auf die Realität und die Preispolitk vieler Textilvertreiber wie bspw. KIK, Takko oder TK Maxx (aber auch abseits dieser Branche wie Tedi oder Nanu Nana), erschien mir diese kleine erdachte Zeitungsmeldung plötzlich gar nicht mehr so witzig. Gleichzeitig erinnerte ich mich an ein simples, aber umso wirkungsvolleres soziales Experiment von einer Organisation namens Fashion Revolution. In diesem Experiment wurde ein gefälschter Automat aufgestellt, welcher vermeintlich T-Shirts für 2 Euro anbot. Blieben Passanten stehen, steckten 2 Euro in den Automaten und wählten ihre Wunschgröße aus, erschien auf dem Bildschirm eine kleine Bildershow, welche die Produktionsprozesse hinter dem billigen Kleidungsstück aufzeigte. So erschienen zum Beispiel untertitelte Bilder von Kindern, die für 13 Cent Stundenlohn in 16-Stunden-Schichten zusammengepfercht in einer Fabrik saßen und die Shirts in Akkord zusammen nähten. Nach Beendigung der Slide-Show erschien die Frage auf dem Bildschirm, ob derjenige das Shirt immer noch kaufen, oder die 2 Euro lieber der Organisation spenden wollte. Ein Großteil der Passanten entschied sich für die zweite Option.

Doch an dieser Stelle stellt sich mir auch Frage: Was nun, was mache ich mit diesem neu erworbenen Wissen? Ich selbst habe bisher noch nie Klamotten bei KIK und Co. gekauft und gehöre auch zu der Sorte Konsument, die, zumindest im Textilbereich, Dinge nur gezielt kauft, wenn sie auch unmittelbar gebraucht werden (aber dafür alles an Geld im Elektronikfachmarkt lässt). Trotzdem habe ich den Wunsch, in Zukunft bei meinen eher seltenen Textileinkäufen, ab sofort bewusster agieren zu wollen. Was ich dabei jedoch unmittelbar festellen musste ist die Tatsache, wie schwer einem die Verfolgung dieses Ziels zumindest in unseren Breitengraden in dieser Hinsicht auch gemacht wird. Aus dem Lebensmittelmarkt kennt man mittlerweile bereits eine Fülle an Labels und Marken, die Qualität und Nachhaltigkeit symbolisieren sollen (und dies auch nicht immer tun). Im Textilbereich herrscht in dieser Hinsicht jedoch noch gnadenlosere Intransparenz und Inkonsequenz und selbst in großen Millionenstädten wie bspw. Hamburg scheint es bisher unmöglich, bei einem Einkaufsbummel unter "fairen" und nachhaltigen Aspekten den Kleiderschrank zu bereichern.

Noch ein rechnerisches Beispiel zwischendurch: So ist es zum Beispiel auch nachgewiesen, dass eine Verdopplung des Lohnes der Fabrikarbeiter in Kambodscha dafür sorgen würde, dass wir als Endeverbraucher gerade einmal 75 Cent (weniger als 1 Euro!) "drauf legen" müssten, um ein dort produziertes Shirt zu erwerben. Warum tun wir es nicht?

Hier herrscht in Wirtschaft und Politik noch immenser Nachholebedarf, doch glücklicherweise scheint diese Thematik - ebenso wie beispielsweise auch der Tierschutz - immer mehr in den Fokus unserer Gesellschaft zu rücken. So werden in einigen Großstädten mittlerweile nicht nur Tupper-Partys (die zwar auch eindeutig umsatzorientiert sind), sondern auch sogenannte Kleidertausch-Partys veranstaltet. Sinn: Mit 10 ausrangierten Teilen aus dem eigenen Kleiderschrank hingehen, und mit 10 "neuen" Sachen wieder nach hause wandern. Ein guter Anfang, denke ich.

Wer möchte, kann sich hier übrigens noch das beschriebene Experiment in Videoform ansehen:

https://news.utopia.de/das-2-euro-t-shirt-ein-soziales-experiment-0937/

http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/nachhaltige-mode-faire-kleidung-tauschen-upcyclen-sparen-a-1064166.html

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/nachhaltig-kleidung-einkaufen-ist-schwer-a-900618.html

https://www.fairtrade-deutschland.de/produzenten/baumwolle/fairtrade-standards/

http://www.welt.de/wirtschaft/article123527239/Fairer-Lohn-wuerde-T-Shirts-nur-um-Cents-verteuern.html

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