Dienstag, 24. November 2015

In der Weihnachtsbäckerei

von Juliane N.

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In einem Gespräch mit meinem Nachbarn letzten Sonntag kamen wir auf seine Frau, die in einer Bäckerei arbeitet. Auch dieses Wochenende musste sie wie immer arbeiten und der Mann war etwas niedergeschlagen, da sie Geburtstag hatte und sie kein frei bekam. Das Paar musste das geplante Geburtstagsessen vorverlegen. Er begründete die Entscheidung des Arbeitgebers damit, dass sie nicht genug Personal hätten und jeder Mitarbeiter benötigt wird. Um die Situation bei der Frau zu verdeutlichen, erzählte er von der Weihnachtszeit. Seine Lebenspartnerin bekommt seitdem sie dort tätig ist, was mittlerweile über zwei Jahre sind, an Heiligabend und Silvester nie Urlaub. Letztes Jahr wollten sie gern ihre Tochter und deren Baby zu den Feiertagen in Tschechien besuchen. Ihr Chef bot ihr die Frühschicht an, da diese nur bis 14.00 Uhr ginge. Doch 600 km fahren sich nicht innerhalb von zwei Stunden und somit musste sie mit ihrem Mann daheim bleiben. Dieses Jahr nun wieder das gleiche Spiel. Ich war nach diesem Gespräch sehr verdutzt, dass diese Urlaubssperre über Jahre hin aufrecht erhalten werden kann und recherchierte im World Wide Web. Dort heißt es nach § 7 Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs (Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz)):

„(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.         Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/burlg/__7.html

Und da haben wir den Gesichtspunkt der „dringenden betrieblichen Belange“, sogar gesetzlich verankert. Also kein Rütteln an diesem Zustand. Doch finde ich es moralisch verwerflich, seine Mitarbeiter so auszunutzen. Dabei möchte ich den geringen Verdienst erst gar nicht ansprechen... und jeden Sonn- und ("Feier"-)tag arbeiten?! Natürlich ist die Lage in diesem Beruf sehr schwierig und es werden händeringend neue Mitarbeiter gesucht. Aber ist es dann vertretbar eine Filiale nach der anderen zu eröffnen, obwohl im Vorfeld eigentlich klar ist, was das für das künftige Personal bedeutet? Eine Antwort darauf bekam ich prompt von einer Freundin: „Tja, that's life! Das ist nun mal das harte Brot des Dienstleisters in der Privatwirtschaft. Wer damit nicht zurechtkommt, muss sich halt etwas Anderes suchen.“ Natürlich hat sie recht, denn jeder ist ja heutzutage ersetzbar!

2 Kommentare:

  1. Hey, ich kenne diese Situation auch. Bei mir ist im August Urlaubssperre weil dort Hochsaison ist (arbeite in einem Souvenirladen). Sprich in dem Monat, wo in der Uni in der Regel keine Prüfungen geschrieben werden dürfen, weil er als "Urlaubsmonat" gilt, kann ich nicht verreisen. Und im September stehen dann wieder Prüfungen oder Hausarbeiten an. Oft kriege ich auch gehört: Ist halt so; Pech gehabt oder hast den falschen Job. Bei diesem Beispiel finde ich es erschreckend, das der Arbeitgeber das nicht im Blick hat, welcher Angestellte wann an welchen Feiertagen gearbeitet hat. Er sollte dafür sorgen, dass immer mal rotiert wird. eine andere Lösung wäre, Arbeiter von einer Kurzarbeiteragentur einzustellen oder studentische Aushilfskräfte um das feste Personal zu entlassen. Anosnsten sehe ich auf rechtlicher Ebene keine Möglichgkeit, da ich glaube, dass die Politik sich da nicht einmischen wird.

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  2. Ich finde, an diesem Paragraph müsste unbedingt was verändert werden. Ich meine stellt euch mal vor, man hätte einen nicht so netten Arbeitgeber, dann könnte er einem ja wirklich jedes mal, wenn man um Urlaub bittet den Urlaub aufgrund "dringender betrieblicher Belangen" verwehren. Und selbst wenn der Arbeitgeber nett wäre, könnte der dennoch immer einen Grund finden, um dir den Urlaub, in welchen Monat man ihn auch nehmen will, verwehren. Das scheint mir nicht wirklich fair. Ich glaube ich kann mich glücklich schätzen, dass ich immer, einen sehr netten Arbeitgeber hatte.

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