Montag, 2. November 2015

Umsatz, Umwelt, Ungleichheit?!



Der Skandal um die geschönten Abgaswerte einiger Volkswagen-Modelle bzw. -Motoren wurde nun vor zwei Monaten bekannt. Um den Flotten-Abgasnormen der USA zu entsprechen, entschied sich VW, im Diesel-PKW feindlichen USA ebensolche Motoren in die Autos einzubauen. Dies hatte wahrscheinlich weniger mit der Verantwortung des Konzerns gegenüber Natur und Umwelt zu tun, als viel mehr damit, staatlichen Gesetzen zu entsprechen, Umsatz und Gewinne zu sichern und natürlich letztere zu maximieren. Nun passiert aber das Unvorstellbare - die amerikanische Umweltbehörde EPA bezichtigt den größten Automobilhersteller der Welt (2014) des Betrugs und reichte Klage ein. Fakt ist, dass VW Software in Motoren installieren ließ, die gezielt falsche Werte angeben. Das ist weder gut für die Umwelt, noch für den Kunden und darüber hinaus eine Schmach für den VW-Konzern. Nur wie konnte es so weit kommen? Lassen sich betriebswirtschaftliche oder firmenpolitische Gründe dafür ausfindig machen? In der Autoindustrie werden reihenweise rechtliche Grauzonen und schwammige Vorgaben genutzt, um Ergebnisse und z.B. Verbrauchswerte zu beschönigen. Auch wenn es provokativ ist und sich schwer 100% beweisen lässt, ist zu vermuten, dass dies alle Hersteller machen. Bei VW kann man in diesem konkreten Fall allerdings einige Fakten festhalten. Der mittlerweile zurückgetretene VW-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn als Zögling Ferdinand Piechs (Porsche Enkel und VW Aufsichtsratsvorsitzender bis April 2015) pflegte eine streng hierachische und auf ihn zentrierte Unternehmenskultur. Dazu kamen einige Stabsstellen, wie z.B. die Entwicklungsabteilung. Die Vorstände dieser Abteilung - Ulrich Hackenberg, Wolfgang Hatz und Heinz-Jakob Neußer - konnen zwar Vorschläge, Entwürfe oder Zweifel äußern, hatten aber keinerlei Einfluss auf die Entscheidungen des Vorstands, auch durften sie sich in der Öffentlichkeit nicht kritisch äußern. Die strikte Hierachie um Winterkorn, Piech und deren engsten Beraterkreis machten es z.B. unmöglich, Problematiken wie manipulierte Abgaswerte innerhalb des Unternehmens, geschweige denn in der Öffentlichkeit zu äußern. Wer dies doch tat, musste gehen. Vor ein paar Jahren so geschehen in der Entwicklungsabteilung: Die Vorgänger der oben genannten Herren in der Entwicklungsabteilung von VW, äußerten bereits 2007 Zweifel am Motor, da sämtliche Messwerte zeigten, dass ein Standard Kat-Partikelfiltersystem nicht ausreicht, um die Vorgaben zu erreichen. Diese wurden zum Schweigen ermahnt. Darüberhinaus wurde es dem damaligen VW-Markenchef Wolfgang Bernhard (nicht Konzernvorstand), vom zu diesem Zeitpunkt neuem Konzernvorsitzendem Winterkorn und dem Patriarchen Piech nahe gelegt zu gehen, als dieser seinen Unmut zu dem Projekt bekundete. Eine teureres System (welches VW zeitgleich entwickelt hatte) hätte installiert werden müssen. Da es in einem Unternehmen aber immer auch um Umsatz- und Gewinnerhöhung bzw. schlichtweg Wachstum geht, entschied man sich gegen eine aufwändigere und teurere Abgasreinigungsanlage. Eine manipulierte Software war schlicht günstiger und Bernhard ging. Der neue VW-Konzernvorsitzende Matthias Müller bevorzugt eine andere Unternehmensführung, er will den einzelnen Marken des Konzerns und den Abteilungen mehr Mitsprache und Souveränität verleihen, Hierachie abbauen, Unabhängigkeit und dadurch Innovationen fördern. Zu diskutieren ist, ob die Führungsstruktur tatsächlich einen so großen Einfluss auf ein Unternehmen hat, welche verschiedenen Arten zu finden sind und ob es positivere sowie negativere Formen gibt. Matthias Müller war, bevor er VW-Vorsitzender wurde, seit 2010 der Chef der Porsche AG. Porsche verzeichnet seither jedes Jahr steigende Umsätze und Absatzrekorde.

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