Dienstag, 3. November 2015

Nach der Arbeit ist vor der Arbeit




Nach der Arbeit ist vor der Arbeit:
Deutsche Arbeitskultur und ihre Gefahren

Kennt ihr das nicht auch, nach einem langen Tag auf der Arbeit kommt ihr nach Hause und wollt euren Tag in Ruhe ausklingen lassen? Aber was macht ihr stattdessen? Ihr checkt eure E-Mails vom Chef oder von den Kollegen oder macht noch schnell die nächste Quartalsplanung fertig. Andere nehmen sogar ihre komplette Arbeit, die sie nicht geschafft haben mit nach Hause, jedoch wo bleibt dort die „Freizeit“ und die Entspannung mit der Familie? Diese fällt meistens unter den Tisch und sorgt irgendwann für Unmut und Unzufriedenheit.
Alles redet nur noch von Effizienz und ökonomisches Handeln, dabei vergessen viele Menschen, das diese Begriffe zwar wirtschaftlich geprägt sind, jedoch mit der Freizeit wenig zutun haben. Aber warum ist das so, warum machen wir uns alle selber fertig?

Eine Folge dieser Arbeitsweise sind psychische und physische Ausfälle wie z.B. Burnout. Burnout galt lange als „Lehrerkrankheit“ und wurde eher als Simulation war genommen als eine ernstzunehmende Krankheit, doch seit einigen Jahren leiden immer mehr Menschen der verschiedensten Arbeitsgruppen unter dieser Krankheit, aber warum? Sind die Arbeitsbedingungen im Gegensatz zu Früher so hart geworden? Ich denke eher nicht. Gründe für dieses ganze Drama liegen in meinen Augen im gesellschaftlichen Druck. Jeder will besser als der Nachbar sein, mehr verdienen und parallel ein perfektes Familienleben führen. Hier entsteht schon der erste Widerspruch, denn alleine die Bereiche Arbeit und Familie lassen sich häufig nicht gut mit einander verbinden. Die meisten Menschen müssen Kompromisse eingehen und das führt oftmals zu Konflikten innerhalb der Familie. Ebenfalls erleiden immer mehr Arbeitnehmer, durch zu viel Arbeit (zwischen 35 und 45 Jahren) psychische Krankheiten, wie z.B. Burnout. In diesem Altersbereich stellen wir für unser  weiteres Leben die meisten Weichen. Es wird geheiratet, eventuell ein Haus gebaut und die Kinder kommen ins Leben. Viele viele Bausteine, die viel Zeit in Anspruch nehmen, jedoch wo die Zeit her nehmen, wenn man permanent mit der Arbeit beschäftigt ist? Für mich sieht das aus wie ein ewiger Teufelskreis, wenn man nicht von seiner Arbeit Abstand nimmt. Arbeit gehört sicherlich  zu unserem Leben dazu, aber ein gesundes Maß sollte immer unser Bestreben sein.
Ein weiterer Faktor für die Überarbeitung ist die Angst vor dem Arbeitsstellenverlust und den hinzukommenden Existenzverlust. Jeder arbeitet länger und härter um stets mit der Konkurrenz mit zuhalten. Schuld daran ist unser Leistungsprinzip, nach dem wir leben und arbeiten. Primär steht der Gewinn im Vordergrund und nicht die Interessen des Individuums. Dieses wirtschaftliche fokussierte Denken schränkt uns zu sehr ein, dass keiner mehr  sieht, was alles deswegen in Vergessenheit gerät. Und wir reden hier nicht von unwichtigen Funktionen sondern von der Familie, dem Privatleben, Freunde, Hobbies und und und. Selbstverständlich wird man dieses System der Leistung nie durchbrechen können, da wir trotz der negativen Aspekte ihm Vieles zu verdanken haben. Sei es unser Wohlstand in Deutschland und die damit errungenen Freiheiten, aber wir sollten öfters Inne halten und uns fragen, was uns wichtiger ist? Die Karriere oder die Zeit mit unserer Familie und unseren Freunden  für ein bisschen weniger Geld und Prestige?

Ich habe persönlich für mich entschieden mich des Öfteren aus diesem System heraus zulösen und nicht ökonomisch zu handeln und zu denken, sondern einfach mal die Seele baumeln zulassen und nicht zu fragen, wie könnte ich meine Zeit jetzt besser nutzen.




Links zu Bezugsartikel:
http://www.zeit.de/campus/2012/04/Kolumne-100-Tage
http://www.bdp-verband.org/bdp/archiv/gesunde-arbeit/BDP-Broschuere-01-Burnout.pdf
http://www.bisp-datenbanken.de/jsp/ausgabeforschung.jsp;jsessionid=C9F49F51FB6C98A1300BE21D34C60799

2 Kommentare:

  1. Müßiggang ist aller Tugend Anfang ;)
    Ein interessantes Blog - Thema mit wertvollem Kern.
    Die meisten von uns versklaven sich auf moderner Art und Weise selbst
    -- können nicht nein sagen-- und Arbeiten bis an die körperlichen und psychischen Grenzen. Doch ist es das Wert? Sind wir auf dieser Welt, um nur zu arbeiten?
    Auch die Arbeitgeber tragen ein enormen Teil dazu bei, unsere wertvolle Freizeit in vollen Zügen nicht mehr genießen zu können. Wer arbeitet denn überhaupt noch 8 Stunden? In meinen Augen ist der 8 Stunden Arbeitstag schon längst Geschichte. Viele Arbeitnehmer arbeiten oft so, wie die Arbeit gerade anfällt. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen somit in vielen Berufen.

    „Nicht Arbeit, sondern Muße ist das Ziel des Menschen – oder schöne Dinge herstellen oder schöne Dinge lesen oder einfach die Welt mit Bewunderung und Entzücken betrachten.“ — Oscar Wilde:

    AntwortenLöschen
  2. Ich finde es durchaus interessant, wie wir unser Denken an das Streben nach Gewinn verschieben. Wir denken, dass der Gewinn des Unternehmens uns gut tut oder gar unser Gewinn ist, unsern eigentlichen persönlichen Gewinn, also Seelenbalsam, packen wir nur halbherzig an oder nehmen es nicht richtig wahr. Verrückt, denn die Menschen werden immer schlechter bezahlt, trotz der Anstrengungen für das Unternehmen, und die Leute oben an der Spitze verdienen genug Geld, haben aber oft viel Freizeit.
    Oftmals bemerken die überforderten Leute es viel zu spät (wie oben beschrieben - "Burnout") und fangen dann erst an ihr Leben in die richtigen Schienen zu führen.

    AntwortenLöschen