Donnerstag, 23. November 2017

Wirtschaftswachstum um jeden Preis ?



Worum ging es letzte Mal. : „Der sogenannte homo oeconomicus ist anscheinend stehst getrieben, darauf aus Entscheidungen zu treffen, die seinen Gewinn oder Nutzen steigern und darauf aus Kapital in verschiedenen Formen anzuhäufen. Nicht nur Individuen sondern auch Länder wollen jedes Jahr wieder einen Konjunkturzuwachs erreichen. Doch zu welchem Preis? Darum und um die Zielkonflikte im ökonomischen Denken und Handeln soll es im Weiteren  gehen.“
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Bevor wir diese Frage klären, müssen wir erst einmal beleuchten was Konjunktur ist. Die Konjunktur beschreibt die wirtschaftliche Lage eines Landes und zeigt Schwankungen im Verlauf der Wirtschaft an. Um festzulegen, ob eine Wirtschaft gut oder schlecht läuft muss man ein Indikator zu Rate nehmen. Dieser Indikator ist das BIP (Bruttoinlandsprodukt). Das BIP gibt die wirtschaftliche Leistung eines Landes in einer Periode an und misst somit auch die Produktion von Waren und Dienstleistungen im Inland. Mit dem BIP werden also Veränderungen in der Wirtschaftsentwicklung aufgezeigt.  

Doch wie kommt es dazu, dass das BIP steigt oder sinkt? Wenn die Nachfrage nach Gütern steigt, dann produzieren Unternehmen mehr. Die Nachfrage ist so groß, dass das Unternehmen noch mehr produzieren will. Um dies zu erreichen stellt das Unternehmen neue Mitarbeiter ein. Nun spricht man von Wirtschaftswachstum und das BIP steigt.
Dadurch, dass jetzt mehr Leute Arbeit haben und somit auch mehr Geld, steigt die Nachfrage noch stärker an. Die Unternehmen kommen mit der Produktion nicht hinterher, investieren in neue Fabrikanlagen und produzieren noch mehr. Denn wenn der Unternehmer eine hohe Nachfrage bemerkt, riecht er Geld und er wird immer versuchen die Produktion anzukurbeln. Nach der Investition der Unternehmen steigen die Preise wieder an und die Nachfrage sinkt. Durch die niedrige Nachfrage sind die neuen Anlagen der Unternehmen nicht mehr ausgelastet und es kommt zu Entlassungen. Die Menschen haben daraufhin weniger Geld zur Verfügung und der Negativtrend verstärkt sich. In diesem Fall spricht man von einer Wirtschaftsschwächung, das BIP sinkt.  


 


Diese Schwankungen werden in Konjunkturzyklen dargestellt, welche sich in Aufschwung, Boom, Rezession und Depression gliedern. Ein Zyklus dauert grob gesagt 4-10 Jahre.

Der Aufschwung folgt nach der Depression. Die Wirtschaft erholt sich und das BIP steigt wieder. In dieser Phase ist eine steigende Nachfrage und Produktion zu verbuchen. Das wiederum führt zu sinkender Arbeitslosigkeit. Die Leute haben mehr Geld und bekommen höhere Gehälter, das führt zu höheren Preisen und zu einer höheren Inflationsgefahr. Zu dem steigen die Zinsen und die Investitionen.  In dieser Phase sind die Wirtschaftsprognosen optimistisch. 

In der Phase des Booms herrscht Hochkonjunktur. Die Wirtschaft ist auf Top-Niveau und die Kapazitäten sind voll ausgelastet. Es herrscht außerdem eine starke Nachfrage und kaum Arbeitslosigkeit.  Zinsen, Löhne, und Preise steigen weiterhin. Die Wirtschaftsprognosen sind eher Kritisch und vorsichtig
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Nun folgt die Rezession. Das BIP sinkt und die Nachfrage auch. Produkte und Dienstleistungen werden zu teuer für die Konsumenten. Die Produktionslager sind voll wegen der mangelnden Nachfrage und die Produktion sinkt. Im Gegenzug steigt die Arbeitslosigkeit. Zinsen, Preise, Löhne und Investitionen sinken daraufhin. Die Wirtschaftsprognosen sind eher pessimistisch.

Am Ende der Rezession folgt die Depression. An dieser Stelle ist die Wirtschaft an ihrem Tiefpunkt angelangt. Die Nachfrage ist gering, genauso wie die Produktion, die Zinsen, Löhne, Preise und neue Investitionen. Es herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit und die Wirtschaftsprognosen sind gedrückt.

Das Wirtschaftswachstum verläuft also in Zyklen und schwankt. Um diese Schwankungen zu kontrollieren und zu begradigen kann der Staat bei beginnender Rezession eingreifen. Er kann Subventionen oder Steuersenkungen veranlassen. Die EZB (Europäische Zentralbank) kann außerdem die Zinshöhe anpassen, um den Geldfluss zu steuern. Wenn z.B. die Zinsen für einen Kredit sinken, es also billiger wird einen Kredit aufzunehmen, dann werden auch mehr Menschen Kredite aufnehmen und Geld in Umlauf bringen. So kann einer Rezession und dem damit verbundenen Investitionsrückgang  entgegen gewirkt werden.

All diesen Mechanismen unterliegen wir und wir müssen sie verstehen. Die Menschheit hat sich selbst in diese Lage gebracht.  Doch warum klammern wir uns an dieses Konstrukt?  Warum ist die Gier des Menschen so groß, dass man um jeden Preis ein Wirtschaftswachstum erreichen will, obwohl wir wissen, dass dieses Wachstum schwankend erreicht wird? Ohne Depression kein Boom und ohne Aufschwung keine Depression.  

Also, ….. Warum kann die Wirtschaft nicht auf einem Level florieren? Es kann kein ewiges Wachstum geben, außer dem Weltall, welches stetig expandiert. Es sei denn, man nimmt starke Rückschläge und Krisen in Kauf, welche zyklisch auftreten. Ein ewiges Wirtschaftswachstum bedeutet also auch ein stetiges steigen des Abbaus von Ressourcen, ein stetiges steigen der Umweltverschmutzung und ein stetiges sinken von sozialer Verantwortung. 

Werden wir einmal konkret und gucken uns an, was das für den Verbraucher und das Unternehmen bedeutet.Viele Unternehmen ringen darum ihren Absatz zu steigern. Jedes Jahr will man Konjunktur mit positivem Trend feiern, z.B. Autokonzerne wie VW.

 


Die folgende Statistik zeigt den Automobil-Absatz des Volkswagen Konzerns in den Jahren 2006 bis 2016. Die Volkswagen Aktiengesellschaft (abgekürzt VW AG) mit Sitz in Wolfsburg, ist die Konzern-Muttergesellschaft der Fahrzeugmarken Audi, Bentley, Bugatti, Ducati, Lamborghini, MAN, Porsche, Scania, Seat, Škoda, Volkswagen und Volkswagen Nutzfahrzeuge. Im Jahr 2006 betrug der Absatz rund 5,7 Millionen Fahrzeuge. Im Jahr 2016 betrug der Absatz 10,391 Millionen Fahrzeugen. Dem entsprechend stieg auch das Eigenkapital des Konzerns. Im Jahr 2012 betrug das Eigenkapital der VW AG rund 81 Milliarden Euro. Im Jahre 2016 schon 92.910 Milliarden Euro.

Die verkaufszahlen von VW sind beeindruckend und zeigen auf das der Konzern ganz klar das Ziel des Wachstumes anstrebt. Doch wie wird dieses Wachstum generiert und wie soll es weiterhin generiert werden? Es gibt nur eine begrenzte Zahl an Menschen, die die Erlaubnis haben ein Fahrzeug zu fahren. Und rund 83 % der rund 40 Mio. deutschen Haushalte haben bereits mindestens ein Auto (ADAC Studien, 2008). Um also weiterhin Gewinn und steigende Verkaufszahlen zu erreichen, müsste Deutschland eine Fahrerlaubnis für Menschen ab 12  Jahren einführen. Doch das Verkehrsaufkommen ist jetzt schon absurd und die Fahrerlaubnis ab 12 Jahren wird mit Sicherheit nicht eingeführt. Wie schafft es der Konzern also immer noch Gewinn zu machen?

Eine Strategie ist es an der Lebensdauer der Produkte zu schrauben. Der VW 1,4 Liter TSI Motor ist ein gutes Beispiel dafür. Ein überzüchteter Turbolader Motor, hergestellt um Umweltfreundlichkeit und PS-Stärke zu vereinen. Doch dünnwandige Materialien und qualitativ nicht ausreichende Verarbeitung lassen den aufgeladenen Motor schnell kaputt gehen. Der Konsument ist gezwungen zu reparieren oder einen Neukauf zu tätigen. Dass das Image der Firma dabei leidet ist dem Konzern anscheint egal, da in dieser Preisklasse alle Konzerne so handeln. Materialeinsparungen und Einsparungen in den Herstellungskosten ziehen sich so durch die ganze Bandbreite von Produkten. Die Autobleche sind dünner geworden, die Lackschicht auch und die Herstellung wird immer mehr von Robotern übernommen. 

Dieser Fall ist stellvertretend für die Wegwerfgesellschaft in der wir leben. Diese Wegwerfgesellschaft haben wir im weiteren Sinne durch unsere eigene Gier nach „mehr“ selbst geschaffen. Wirtschaftswachstum wird in den meisten Fällen nur noch auf Kosten der Produktqualität, Produktlebensdauer, Umwelt und Lebewesen generiert. Ewiges Wachstum bringt demnach viel Schlechtes mit sich und ist auch gar nicht möglich, da der Platz auf der Erde begrenzt ist. Doch wenigstens sind Konzerne dazu angehalten, soziale und ökologische Verantwortung zu zeigen. Dieses Ziel steht allerdings an letzter Stelle und wird angesichts des eben beschrieben Führungsstiles, den viele Unternehmen teilen, nicht erreicht oder von vornherein ausgeschlossen. Oft werden Projekte der sozialen Verantwortung nur zum Schein eingerichtet, wie zum Beispiel „Wohltätige“ Stiftungen. Dort wird dann Kapital gelagert, was nicht versteuert wird. Die wirkliche wohltätige, soziale Wirkung ist geringer als sie letztendlich in den Medien wahrgenommen wird. Genauso verhält es sich mit der ökologischen Verantwortung von Unternehmen. Viele Unternehmen betreiben lediglich ein „greenwashing“. Das heißt ein Konzern zeigt sich Umweltfreundlich und wird durch PR-Aktionen als „grün“ wahrgenommen, obwohl der Kern des Geschäftes immer noch umweltverschmutzend ist. Wenn man z.B. einen Kasten Krombacher kauft, rettet man einen Quadratmeter Regenwald. 

Die Frage, warum wir uns den Wirtschaftsschwankungen bewusst aussetzten kann ich nicht beantworten. Den perfekten Markt gibt es nicht. Mal hat man einen Nachfrageüberhang, mal ein Angebotsüberhang. Die perfekte und gerechte Verteilung von Gütern und Kapital wird nicht mal durch die soziale Marktwirtschaft erreicht. Die freie Marktwirtschaft und die Planwirtschaft wurden auch schon ausprobiert und konnten nicht wirklich mehr Erfolge verbuchen. Durch das Verlangen nach stetigem Wirtschaftswachstum schwankt unsere Wirtschaft und Krisen treten immer wieder auf.

Vielleicht wäre es besser, wenn die Wirtschaft auf einem Niveau bleibt anstatt stetig zu wachsen. Die Frage ob wir Wirtschaftswachstum anstreben und das um jeden Preis, kann ich mit „ja“ beantworten. Wir nehmen die Verschmutzung der Natur, prekäre Arbeit, sinnlose Überproduktionen, ethisch verwerfliche Behandlung von Tieren und die Ausbeutung der auf der Erde vorhandenen Rohstoffe in Kauf. 

 Man sieht also, dass viele Ziele in der Wirtschaft nicht gleicher Maßen erreichbar sind. Man spricht dann von Zielkonflikten. Die Erreichung eines Zieles Schließt die Erreichung eines anderen Zieles aus. Zum Beispiel stehen die Ziele „Eigenkapital vergrößern“ und „faire Löhne und Arbeitszeiten“ im Konflikt miteinander. Generelle Zielkonflikte werden im „magischen Viereck“ zusammengefasst. Darum und um die Erweiterung zum magischen Sechseck soll es im nächsten Blog gehen.

Bis dann, Phil   












Quellen:
-Volkswagen. (n.d.). Automobil-Absatz des Volkswagen Konzerns in den Jahren 2006 bis 2016 (in 1.000 Fahrzeuge). In Statista - Das Statistik-Portal. Zugriff am 22. November 2017, von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/181500/umfrage/absatzentwicklung-der-volkswagen-konzerns/.


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